Samstag, 27. Juli 2013

Halt, warte noch!

Als ich das letzte Mal bei "meinem" Pferd Guy war, ging es ihm gar nicht gut. Er hat Asthma, und es gibt Tage, an denen können wir nicht reiten gehen, weil er besonders schwer Luft bekommt. So war es auch an diesem Tag. Bereits im Stehen mußte er sich anstrengen, um genügend Luft zu bekommen.
Also - dachte ich - machen wir wenigstens einen Spaziergang, gehen wir ein bißchen grasen.
So bereitete ich alles vor, stellte das Putzzeug an den Anbindeplatz und ging auf die Koppel, um ihn abzuholen. Als ich losgehen wollte, zögerte er und hielt etwas dagegen. Damit sagte er mir, daß er lieber hierbleiben würde. Aber er ging mit, als ich ihm erklärte, daß wir trotzdem gehen.
Ich putzte ihn, reinigte die Hufe und gab ihm seine Spritze, die ihm die Atmung erleichtern sollte. Dabei war er wie immer ganz tapfer!
Auf dem Spaziergang gingen wir von Schatten zu Schatten, um vom dort wachsenden Gras zu fressen (ja gut, ich fraß natürlich nicht davon). Bald hatte Guy herausgefunden, daß ich in der Sonne nicht stehenbleiben wollte, und ging von selbst zielstrebig jeweils auf den nächsten Schattenplatz zu.

Nach dem Spaziergang befreite ich noch die Koppel von den Hinterlassenschaften der Pferde, um Platz für neue Pferdeäpfel zu schaffen. Währenddessen war Guy zeitweise im Stall, um sich dort im Schatten etwas abzukühlen. Guy ist ein Tinker. Die scheinen irgendwie nicht auf Nähe oder Kuscheln angewiesen zu sein. Auch Guy konnte gut ohne soetwas leben. Aber das war ich ja gewohnt von ihm.
Um so mehr staunte ich nicht schlecht, als ich abends an der Koppel entlang ging, um den Strom wieder einzuschalten: Auf dem Rückweg von dort kam er angetrabt und wollte sich - bevor ich wieder nach Hause fuhr - nochmal streicheln lassen. Damit ich das nicht über den Koppelzaun tun mußte, krabbelte ich durch auf seine Seite. Nachdem ich mich nun also richtig von Guy verabschiedet hatte, ging ich Richtung Koppelausgang. Auf dem Weg dorthin hörte ich es hinter mir traben: Es war Guy. Bei mir angekommen sah er mich an, als wenn er sagen wollte: Halt, warte noch!

Das hatte er vorher noch nie getan. Ich hatte es bisher als Fortschritt empfunden, wenn er sich ohne Widerwillen abholen ließ. Wenn ich von der Koppel ging, dann nahm er für gewöhnlich keine besondere Notiz davon. Und heute war er mir sogar hinterher gelaufen!